Kaum ein Thema beschäftigt die Hotelbranche derzeit so sehr wie die künstliche Intelligenz (KI). Sie gilt als potenzieller Gamechanger, der zahlreiche Bereiche neu gestalten könnte – von der Gästekommunikation über die Preisgestaltung bis hin zu Analyseprozessen und Content-Erstellung. Doch zwischen Potenzial und Realität besteht eine spürbare Kluft. Das wirft zwei zentrale Fragen auf: Wie weit ist die Branche tatsächlich bei der Nutzung von KI, und was steht einer breiteren Anwendung im Weg?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, wurden zwischen Januar und April 2025 über 1.500 Hotels in sechs europäischen Ländern befragt – in Kooperation mit Hotelverbänden aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Griechenland und der Schweiz. Die Befragung baut auf einer Basisstudie aus dem Jahr 2023 auf und erlaubt nun spannende Vergleiche.

Viel Interesse – aber noch keine breite Umsetzung

Das Interesse an KI ist bei Hoteliers ungebrochen. Gefragt nach den vielversprechendsten Einsatzbereichen nannten 68 % die Reservierungsprozesse, gefolgt vom Marketing (62 %), dem Kundenbeziehungsmanagement (51 %) und der Datenanalyse (49 %). KI wird klar als Werkzeug zur Effizienzsteigerung und Personalisierung erkannt.

Dennoch zeigt sich ein differenziertes Bild bei der praktischen Anwendung. Zwar setzen mittlerweile 41 % der befragten Betriebe KI ein, gleichzeitig geben 43 % an, bislang keine entsprechenden Tools zu nutzen. 16 % planen dies jedoch in naher Zukunft. Besonders auffällig: Die Mehrheit der aktiven Nutzer hat erst in den letzten zwei Jahren mit der Einführung begonnen – nur 4 % verfügen über mehrjährige Erfahrung mit KI. Der Markt befindet sich also in der Aufbauphase und entwickelt sich derzeit über Pilotprojekte und erste praktische Anwendungen.

Die am häufigsten genutzten Tools sind KI-basierte Anwendungen zur Textgenerierung (z. B. ChatGPT, Gemini), die von 74 % der KI-Nutzer verwendet werden. Auch die Analyse von Online-Bewertungen ist mit 44 % relativ verbreitet. Andere Anwendungen wie dynamisches Revenue Management (42 %), personalisierte Angebote (38 %) oder prädiktive Analysen (37 %) folgen mit Abstand. Komplexere Technologien – etwa Chatbots (31 %), Gesichtserkennung (2 %) oder robotergestützte Services (3 %) – fristen noch ein Nischendasein.

Barrieren: Wissen, Kosten, Ressourcen

Die Zurückhaltung vieler Hotels bei der Einführung von KI ist kaum auf mangelnde Motivation zurückzuführen. Vielmehr stehen fehlendes Know-how und eingeschränkte Kapazitäten im Vordergrund. Laut Befragung sind unzureichende Kenntnisse über verfügbare Lösungen (39 %) das größte Hemmnis, gefolgt von hohen Investitionskosten (35 %), technischer Komplexität (34 %) und Fachkräftemangel (32 %).

Diese Herausforderungen treffen insbesondere kleine und mittlere Betriebe, denen oft IT-Kompetenzen oder technologische Infrastruktur fehlen. Bei größeren Häusern treten hingegen andere Themen in den Vordergrund – etwa der Datenschutz und die Systemintegration in bestehende, oft historisch gewachsene IT-Landschaften. Auch die Unsicherheit über den tatsächlichen Mehrwert spielt eine Rolle: Viele Betriebe zögern, weil der Return on Investment noch nicht klar belegt ist.

Erste Erfolge, aber (noch) keine Revolution

Hotels, die bereits KI einsetzen, ziehen insgesamt eine positive Bilanz. Auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten sie den Nutzen mit durchschnittlich 6,6 – die Medianbewertung liegt sogar bei 7. 23 % vergaben eine 8, 14 % die Bestnote. Nur 5 % der Befragten konnten bislang keinen Vorteil erkennen.

Am häufigsten genannt wurden Zeitersparnis (76 %), verbesserte Kommunikation (54 %) und effizientere Abläufe (51 %). Tiefgreifendere Effekte – etwa im Sinne nachhaltiger Entwicklung oder einer automatisierten Gestaltung des gesamten Gästeerlebnisses – werden hingegen noch selten wahrgenommen. Die KI dient aktuell primär als Effizienztreiber, nicht als disruptiver Faktor.

Vom Experiment zur Integration

Die Branche befindet sich in einer Übergangsphase: von ersten Tests hin zu einer gezielteren, strukturierteren Integration von KI in den Hotelalltag. Um diesen nächsten Schritt zu ermöglichen, sind praxisnahe Lösungen gefragt. Technologieanbieter müssen ihren Fokus stärker auf konkrete Prozesse legen – etwa bei der dynamischen Preisgestaltung, dem Abfedern von Personalengpässen oder der intelligenten Gästekommunikation.

Zudem zeigt die Studie: Es gibt kein universelles Konzept. Kleinbetriebe benötigen sofort einsetzbare Tools und Trainingsangebote, große Hotelketten hingegen umfassende Strategien zur Datenverwaltung und Change Management. Mittelgroße Hotels wiederum müssen oft mit interner Trägheit und fragmentierten Systemlandschaften umgehen.

Was kommt als Nächstes?

KI ist im Gastgewerbe keine Zukunftsvision mehr – sie wird zunehmend zum festen Bestandteil unternehmerischer Weiterentwicklung. In einem Markt, der durch hohe Gästeerwartungen, Fachkräftemangel und zunehmende Digitalisierung geprägt ist, wird es für Hoteliers entscheidend sein, KI nicht länger nur als Nebenschauplatz zu betrachten.

Der wirkliche Mehrwert entsteht nicht durch punktuelle Tools, sondern durch die Einbettung von KI in eine ganzheitliche Digitalstrategie, die mit den operativen Anforderungen, den Kundenerwartungen und den Zielen der Unternehmensführung abgestimmt ist.

Dafür braucht es mehr als neue Software. Es braucht Führungsverantwortung, Mitarbeitereinbindung und eine Innovationskultur, die auf kontinuierliches Lernen setzt. Richtig eingesetzt, unterstützt KI die menschliche Dimension der Hotellerie, statt sie zu ersetzen. Die Zukunft gehört den Häusern, die digitale Intelligenz mit Gastfreundschaft verbinden – und so neue Maßstäbe im Serviceerlebnis setzen.

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Artificial Intelligence in European Hotels: Adoption, Applications, and Barriers